Autor: Marquardt, K., Institut für Wirtschaftsökologie, Jagdschloß Hirschbrunn, 86736 Dornstadt-Auhausen, Germany, Mai 1996, ergänzt März 2000

Stand und Entwicklung der EDV-Anwendung in der Landschaftsgestaltung

(2. Werkbericht des Instituts für Wirtschaftsökologie: Projektstand März 2000)

Was könnte besser die rasante Entwicklung der EDV in der Landschaftsgestaltung belegen als ein "nur" 5 Jahre alter Bericht darüber. Gerne lassen wir deshalb unseren Original-Werkbericht von 1995/96 gespeichert und setzen den neuen Bericht vom Jahr 2000 hiermit nur davor:

Die Hauptentwicklung in der EDV-Anwendung in der Landschaftsplanung brachte in den letzten 5 Jahren das Internet.

Fast alle Grundkarten (M 1:50 000 bis M 1: 1000) sind bereits über das Internet abrufbar (s. http://www.bayern.de/vermessung).

Bedeutendster Fortschritt ist aber die in Bayern flächendeckende Verfügbarkeit von Orthofotos (bis etwa M 1:1000 verwendbare, digitalisierte, entzerrte Luftbilder). Damit ist eine jederzeitige, exakte und im Rhythmus der Befliegungen fortschreibbare Bestandsaufnahme möglich.

Solche Orthofotos können auch sehr detailliert für sehr große Räume (z. B. Tausende von km²) mit vielen (über 100) raumbezogenen, interaktiv aufrufbaren, beliebig mischbaren Inhaltsebenen überdeckt und im Internet dargestellt werden (s. http://landkreis.mainspessart.de, Programmteil "Gesamtkarte" oder s. http://plan.iwoe.de, Programmteil "Online-Karte Nationalpark Bayerischer Wald" oder s. http://www.iwoe.de, Programmteil "Machbarkeitsstudie: Grenzenlose Heimat Europa").

Im Landkreis Main-Spessart wird eine solche öffentliche Karte heute im Landratsamt selbst fortgeschrieben und auch im Intranet innerhalb der Behörde verwendet. Die Eintragungen aus dem Plan für den Landkreis Main-Spessart können auch von Dritten via Internet mit Hilfe von frei verfügbaren Programmen übernommen werden.

Die vorbereitende Bauleitplanung z. B. die Flächennutzungs- und Landschaftsplanung kann bereits vollständig (einschließlich der Anhörung der Träger öffentlicher Belange) über Internet abgewickelt werden (s. http://www.iwoe.de Programmteile "Landschaftsplan Retzstadt" oder "Stadt Delitzsch"). Größtes Hindernis für den Praxiseinsatz sind zur Zeit die leider häufig technisch noch veralteten Strukturen mancher Behörden.

Der Einsatz von GPS (= global positioning system) sowie HPL (= Handy plus Laptop) bei der praktischen Arbeit vor Ort (z. B. bei der Bestandsaufnahme) wird langsam selbstverständlich.

Das Internet trägt vor allem zur schnellen Verbreitung von Grundinformationen (z. B. umfassende Informationen über Pflanzen (s. http://www.iwoe.de/Welcomeseite.html Programmteil "Die Pflanzen Bayerns") sowie von neuen Ideen (s. http://www.iwoe.de/Welcomeseite.html Programmteile "Ideenmarkt X-Mauth" oder "Die Zukunft der Landschaftsgestaltung" oder "Grenzenlose Heimat Europa (X-Mauth)" Teil: Konstruktionsbeispiele) bei. Die Sichtbarmachung von Landschaften bzw. von Zeichnungen, Modellen, Simulationen von Landschaftsveränderungen per Videoclip u. ä. (auch via Internet; aufgenommen mit Digital- und 3D-Kameras) nimmt zu.

Langsamer als noch vor 5 Jahren erwartet hat sich die Sprachsteuerung der Computer entwickelt. Hier scheint sich der Umweg über mit gesprochenen Kommentaren versehene Digitalfotos, eingespeichert ins Internet, schneller zu entwickeln. Schon zur Norm gehören per Ton erläuterte "Virtuelle Rundgänge" durch Landschaften und Orte (s. http://www.iwoe.de Programmteile "400 Jahre Jagdschloß Hirschbrunn" oder "1100 Jahre Nördlingen").

Bedeutendster Trend ist zur Zeit das Zusammenwachsen (per EDV und Internet) aller Planungsebenen von der Raumordnung über die Regionalplanung bis zur Bauleit- und Objektplanung - auch mit vielen anderen Informationsbereichen (Geschichte, Kultur, Wirtschaft usw. s. http://landkreis.mainspessart.de).

Mit der Erleichterung der Verfügbarkeit von Informationen nimmt die Bedeutung der Planungstheorie und -methodik sprunghaft zu (s. http://www.iwoe.de, Programmteil: Planungsgrundlagen). Traditionelle Ressortgrenzen verschwimmen dabei. Traditionelle Gestaltungsmuster sind neu zu fassen (z. B. sind "Zentrale Orte", "Entwicklungsachsen" u. ä. bei über 50% Arbeitsplätzen aus der Informationswirtschaft nicht mehr zu rechtfertigen!).

(1. Werkbericht des Instituts für Wirtschaftsökologie: Projektstand März 1995 - Mai 1996)

In der Landschaftsgestaltung sind neben linienhaften häufig auch flächenhafte Darstellungen erforderlich. Die handelsüblichen CAD-Programme sind darum für die Landschaftsgestaltung selten geeignet.

Das Haupthindernis beim Einsatz der EDV in der Landschaftsgestaltung, die Eingabe der Grundkarte, ist softwaremäßig gelöst. Jede Flurkarte kann heute in wenigen Minuten eingescannt und als linienhafte, "durchsichtige" Ebene weiterverarbeitet werden (s. Abbildung 1). Mit den kommenden digitalisierten Grundkarten wird dies Problem gänzlich der Vergangenheit angehören.

Solche Linienbilder können sofort in dreidimensionale Bilder umgewandelt werden (s. Abbildung 2).

Die bestandsbezogenen Inhalte (Abgrenzungen von Nutzungen, Biotopen, Schutzgebieten, Verkehrstrassen, Leitungen usw.) werden derzeit in der Bundesrepublik Deutschland flächendeckend EDV-mäßig erfaßt.

Mit modernen Programmen (wie z. B. dem vom Institut für Wirtschaftsökologie entwickelten LIPS = Landschafts-Informations- und -Planungs-System) könnte diese Arbeit bundesweit in maximal einem halben Jahr abgeschlossen sein.

Der Landschaftsbestand wird deshalb schon bald als einzelne Ebenen aus sogenannten GIS (Geographischen Informationssystemen) zu übernehmen sein.

Diese Ebenen können dann problemlos über Luftbilder gelegt oder beliebig mit anderen Ebenen (funktioneller, inhaltlicher, darstellerischer Gliederung) gemischt werden (s. Abbildung 3, Abbildung 4). (LIPS arbeitet zur Zeit auf einem 486-er PC mit 128 Ebenen und kann beliebig erweitert werden.)

Die zusätzliche/kontrollierende Kartierung im Gelände mit Hilfe von GPS (Global Positioning System) z. B. der schönsten Wander- und Radwege, Aussichtspunkte usw. wird zur Zeit erprobt.

Für solche Karteneintragungen stehen alle Zeichen der Planzeichenverordnung zur Verfügung (s. Abbildungen 5a und 5b). Fast beliebig viele weitere Farben, Raster oder Zeichen sind (z. B. bei LIPS) selbständig hinzufügbar.

Die Landschaftsbewertung wird durch die beliebige "Mischbarkeit" der Inhaltsebenen ganz wesentlich erleichtert (s. Abbildung 3, Abbildung 4). Die in der Bundesrepublik Deutschland derzeit über 50 flächenbezogenen sich vielfältig überdeckenden Schutzausweisungen können oft so erst "bemerkbar" gemacht werden. Flächen-, Massen- und Kostenberechnungen können bei der Planung automatisch "mitgeführt" werden.

Die interaktive Planung, bei der an verschiedenen Orten gleichzeitig am gleichen Plan gezeichnet werden kann und alle Beteiligten gleichzeitig alle Planveränderungen auf ihrem Bildschirm haben (z. B. über ProShare) wird gerade eingeführt.

So elektronisch aufbereitete Pläne können in beliebigem Maßstab in beliebigen Ausschnitten beliebig oft ausgedruckt werden (z. B. auch über einen normalen Farbkopierer).

Ebenso können diese Pläne aber auch sofort aus dem Computer per FAX (oder e-mail oder Internet - s. diesen Bericht.- ; schwarz-weiß oder farbig) in jeden beliebigen Winkel der Erde (z. B. zu Laptops oder tragbaren Faxgeräten) geschickt werden.

Dies funktioniert auch schon automatisiert, indem ein Interessent z. B. vom Computer über Tontasten und vorgespeichertem Sprachdialog zuerst eine Übersichtskarte (s. Abbildung 6) und danach den gewünschten Kartenausschnitt erhält; - zu jeder beliebigen Tages- oder Nachtzeit, ohne daß jemand am Sendegerät sein muß.

In der Landschaftsgestaltung ist auch die (in der Gartenarchitektur noch häufige) perspektivische Darstellung weniger interessant als das Bild der gewollten Gesamtveränderung der Landschaft, z. B. im Laufe der Zeit (s. die Abbildungen 7a und 7b). Solche "Fotos aus der Zukunft" sind vor allem für öffentliche Erläuterungen, etwa in politischen Gremien sehr hilfreich.

Aber auch "berechenbare" Landschaftsteile können mit EDV-Hilfe veranschaulicht werden, wie das Bild der Form eines unterirdischen Kieslagers (s. Abbildung 8) zeigt. Ebenso kann man im Computer auch Bäume oder ganz neue Landschaften "wachsen" lassen (s. Abbildung 9 und Abbildung 10).

Schließlich bleibt Landschaftsgestaltung - da eine Landschaft als Ganzes nicht geplant werden kann (s. Kapitel "Aufgaben ökologisch fundierter Landschaftsgestaltung".) nach wie vor in gewissem Umfang Kunst, zu deren Vermittlung die EDV ebenfalls wesentlich helfen kann (s. den Entwurf einer Brunnenkugel in Abbildung 11).

Zur Zeit werden in die für die Landschaftsgestaltung verfügbaren Programme interne (z. B. Pflanzen- und Tiernamen bzw. -photos) und externe Datenbanken integriert. Positiv abgeschlossen sind die Tests, zeitlich ablaufende Landschaftsveränderungen als Videoclips aufzubereiten.

Seit einiger Zeit kann der Computer schon durch Sprache gesteuert werden. Lediglich die Eingabe der Erläuterungstexte wird wohl in den nächsten ein bis zwei Jahren wegen der begrenzten Wortkapazität der Spracherkennungsprogramme noch nicht per Sprache machbar sein. Die Möglichkeit, geplante Landschaften "computergestützt" im Büro durchwandern zu können, wird auf PC-Ebene wohl noch zwei bis drei Jahre unwirtschaftlich bleiben.

So trägt das Hilfsmittel EDV auch in der Landschaftsgestaltung heute schon dazu bei, daß die Zeit für inhaltliche und kreative Aktivitäten wieder zunimmt und in etwa drei bis fünf Jahren kann der "unproduktive Fleißanteil" in der Arbeit eines Landschaftsarchitekten schon weitgehend bedeutungslos werden (wenn man das will)!


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