6. Was ist nun zu tun?

 

Als erste und vornehmste Aufgabe zukünftiger Landschaftsgestaltung hat m. E. die Diskussion der Frage zu stehen:

Wer wollen wir Menschen sein?

Zum Beispiel muß die Frage beantwortet werden, ob Menschen überhaupt dauerhaft weiterleben sollen! Menschen sind als Lebewesen auf die Situation in einem kurzen Zeitraum der universalen Entwicklungsgeschichte optimiert. Weniger als 1% aller jemals vorhanden gewesenen Arten leben noch. Vermutlich ist dieser Prozentsatz noch viel geringer, weil wir alle jemals dagewesenen Lebewesen noch sicher nicht kennen!

Wenn wir als Ziel nur das "Überleben" ansehen, scheint es geradezu vermessen, die Art Mensch als wichtiger anzusehen als das viele, was ist und schon vorher war! Es scheint evolutionär viel korrekter, den Mensch als biologische Art nach Ablauf seiner optimalen Lebensbedingungen wieder vergehen zu lassen!

Erst wenn wir auch die Überwindung der naturgegebenen Bedingungen, d. h. die menschlichen Kultur(en) weiter bestehen lassen wollen, lohnt sich m. E. überhaupt das Erhalten der Menschheit.

Sollten wir uns dafür entscheiden, ist als nächste Aufgabe zukünftiger Landschaftsgestaltung vielleicht die Frage zu diskutieren, in welcher Form Art und Kultur Mensch in die Zukunft gebracht werden sollen.

Das Klonen von Pflanzen ist seit Jahrhunderten üblich; z. B. das Setzen von Stecklingen oder das sog. Veredeln von Gehölzen. Das Klonen von nützlichen oder seltenen Tieren wie Auerochs, Ozelot oder Panda Bär ist nach einem Bericht der Zeitschrift Scientific American (9) bereits in Vorbereitung.

Auch die Weitergabe von Leben mit Hilfe von tiefgefrorenen Zell- und Samenbänken wird schon lange praktiziert! Ziemlich sicher werden wir eines Tages auch einen altägyptischen Pharao wiederherstellen können!

Doch die Gentechnik geht noch weiter. Und die Gentechnik wird fortentwickelt werden, - wenn nicht bei uns, (vgl. dazu z. B. "Der Mensch: sein eigener Schöpfer? Wort der deutschen Bischofskonferenz zu Fragen von Gentechnik und Biomedizin" vom 8. 3. 2001) dann in anderen Kulturen oder in den Gegenden der Erde, wo noch Hunger herrscht.

So wäre beispielsweise als weitere Aufgabe zukünftiger Landschaftsgestaltung die Frage zu klären, welche Lebensformen wir auf "traditionelle" bzw. "zukünftige" Art und Weise erhalten wollen.

Wenn wir unseren Pharao biologisch wiederbelebt haben, müssten wir dann nicht fairerweise auch seine Kultur wiederherstellen?; - und können wir auch sein Wissen, Denken und Fühlen wiederherstellen - sozusagen eine "artgerechte Pharaonenhaltung"? Und wie verhalten wir uns gegenüber den Lebewesen, die deswegen oder auf traditionelle Weise aussterben würden? Dürfen wir deren Aussterben verhindern? Hätte irgendwer z. B. das Aussterben der Dinosaurier verhindern dürfen - und damit auch die Entwicklungschancen der Säugetiere bis hin zum Menschen?

Es ist darüberhinaus durchaus zu erwarten, dass die bislang vorhanden gewesenen oder noch vorhandenen Gene überwiegend zufällig die Vielzahl der Katastrophen in ihrer Entwicklungsgeschichte überlebt haben. Sie sind also eher zufällig "ausgewählt". Es ist deshalb hochwahrscheinlich, dass es bessere Gene = Arten gibt, als die heute lebenden! Sollte man sich nicht verstärkt um solche neuen Arten bemühen?

So berichtet Pollack in einem Aufsatz in der New York Times (10) von Firmen, die gentechnische multisexuelle Genmischungen auch über einzelne Arten hinaus betreiben. So sei es gelungen, die Gene von bis zu 26 verschiedenen Bakterienarten neu zu mischen.

Dabei sollen keineswegs gleich "Monster" entstehen. Durch Beimischung von Genteilen aus Bakterien aus dem Polargebiet bzw. aus heißen Geisiren sollen z. B. Pflanzen für die menschliche Ernährung gestaltet werden, die in heute noch völlig unwirtlichen Gegenden gedeihen; - etwa Reis in der Wüste oder Bananen in der Tundra.

Wahrscheinlich ist auch, dass durch Nachahmung der Photosynthese pflanzenlos Pflanzenprodukte herstellbar werden oder/und über gezielte Zellzüchtung z. B. "tierlose" Fleischerzeugung (11) oder generell einmal ausreichend Nahrung für jeden (übrigens eine der Voraussetzungen für die Fahrt des Menschen in das Weltall!).

Müßten wir Landschaftsarchitekten (die ja Veränderungen der Landschaft über Jahrhunderte festlegen) uns nicht jetzt schon intensiv mit der Fage beschäftigen, was denn mit der Landfläche geschehen soll, wenn sie kein Produktionsfaktor mehr ist!?


(9) Lanza, R. P./Dresser, B. L./Damiani, P., Cloning Noah´s Ark, in: Scientific American, Nov. 2000



(10) Pollack, A., Selling Evolution in Ways Darwin Never Imagined, in: New York Times, 28. Oct. 2000



(11) Easterbrook, G., Techno-Vegetarismus: Steaks aus der Retorte, in: FUTURE, Aventis-Magazin, 3/2000


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