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Die in den Grundsätzen für die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in der Bauleitplanung eingesetzten Attribute zur Kategorienbildung implizieren folgende Tendenzen:
- Naturnähe (d. h. wenig für die Interessen des Menschen geprägte Flächen wie ein naturnaher Wald) ist besser als Naturferne (z. B. regelmäßig gepflegte Ackerflächen) und in Anlehnung daran
- längere Zeit Unbeeinflußtes (z. B. Einzelhecken, älter als 30 Jahre) ist besser als nur kurzfristig Unbeeinflußtes (z. B. Brachflächen, jünger als 10 Jahre) bzw.
- vor langer Zeit Gewolltes (z. B. historische Kulturlandschaft) ist besser als vor kurzer Zeit Gewolltes (z. B. ausgeräumte Agrarlandschaften).
- Daneben gibt es im Leitfaden zur Eingriffsregelung noch beschriebene Zustände (wie z. B. Kaltluftentstehungsgebiete) die ohne Bezug (und damit unbewertet) einer Kategorie zugeordnet sind!
Diese zur Ordnung von Veränderungen/Eingriffen in der zur Eingriffsregelung verwendete Skalierung ist weder begründet, noch logisch noch sinnvoll.
Natur an sich, hier verstanden als der Zustand ohne Bezug zum Menschen ist - wie bereits betont - weder besser noch schlechter.
- Aus der sog. Naturnähe kann deshalb kein ordnender/bewertender Schluß gezogen werden. In Bezug auf den Menschen könnte auch eine umgekehrte Tendenz abgeleitet werden.
So waren umfangreiche Kulturleistungen zu erbringen, um die Gefahren der "Natur" für den Natur-Teil Mensch zu mindern; ja, menschliche Kultur wurde erst durch Einschränkung/Beeinträchtigung von "Natur" möglich.
- Um das Richtige/Bessere in späteren oder gar sehr fernen Zeiten (in mehr als 150 Jahren) erfassen zu können, müßte man die Situation z. B. im Jahr 2150 umfassend kennen. Die Fähigkeit dazu scheint wenig wahrscheinlich! (Man bedenke nur einmal die Situation der Telekommunikation (Radio, Fernsehen, Internet) um 1750 oder davor!)
Ob deshalb die ältere Form unter zukünftig aus anderen Ursachen vielfältig veränderten Bedingungen besser oder schlechter ist, ist kaum bestimmbar.
- Noch deutlicher wird dieser Aspekt bei der Frage, ob und wann der Erinnerungswert an z. B. eine Heidefläche oder einen von Verbuschung nicht freigehaltenen Magerrasen besser oder schlechter ist, als der Nutzen für den Menschen aus einem gewollten, gut bestellten Acker!?
Darüberhinaus kann der Nutzen - wie bereits betont - für den Menschen relativ schnell wechseln.
Bestandsdauer bzw. Wiederherstellungszeit sind deshalb Ordnungs- bzw. Bewertungskriterien, die wenig über den Nutzen in Bezug zum Menschen in der gewollten Situation aussagen.
- Lediglich beschreibende Zustände (z. B. Kaltluftentstehungsgebiete, das Landschaftsbild, prägende Oberflächenformen u. ä.) sind ebenfalls nur in Bezug auf einen Nutzen für den Menschen bewertbar; d. h. keine Werte an sich!
Auch die Heranziehung von Hilfsattributen wie z. B. das Vorkommen von Arten der Roten Liste u. ä. helfen nicht viel weiter, wenn z. B. nicht hinterfragt wird, warum eine Art auf der Roten Liste bzw. selten ist; - ist die Art am Anfang oder Ende ihrer natürlichen Geschichte (und deshalb selten) oder ist sie gewollt selten (wie Krankheitserreger u. ä.) oder am Rande ihres Verbreitungsgebietes usw.
Die bisherigen Ausführungen zeigen, daß die zur Kategorienbildung bei den Grundsätzen für die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in der Bauleitplanung ausgewählten, erläuterten Attribute nicht geeignet oder zumindest nicht ausreichend durchdacht bzw. nicht gegeneinander und gegen andere Möglichkeiten und Entwicklungschancen abgewogen sind.