2.3 Zum Begriff Landschaftsplanung

 

Betrachtet man nunmehr die sogenannte ökologische Denkweise bei der Beschäftigung mit Landschaft als selbstverständlich, so bleibt noch zu klären, welchen Sinn eine Verbindung der Begriffe Landschaft und Planung hat.

Nach dem bisher aufgeführten ist die Frage zu stellen:

"Kann man eine Landschaft überhaupt planen?"

Die Antwort auf diese Frage lautet: "Nein!"

Das liegt ganz einfach darin begründet, daß eine Landschaft als Ganzes in Raum und Zeit kein allgemeinverbindliches Ziel hat!

Wir können deshalb unsere für die Landschaft bedeutsamen, zukünftigen Handlungsabfolgen gar nicht objektiv optimieren, weil wir diese ohne Ziel nicht kennen können.

Nicht einmal für einen winzigen Teil der Landschaft, den Menschen, können wir Landschaft planen, weil wir über den Sinn menschlichen Seins viel zu wenig wissen.

So bleibt uns nur die Möglichkeit, subjektiv - individuell und/oder kollektiv - diejenige Landschaft zu schaffen, die unserem gegenwärtigen Wertverständnis über die Zukunft entspricht; d. h. uns bleibt nur die Möglichkeit, Landschaft zu gestalten!

Doch reicht unser heutiges Wissen, um Landschaft gestalten zu können?

Auch diese Frage ist überwiegend mit "nein" zu beantworten!

Hierzu sagte 1995 auf den Erlanger Medientagen der Landesbeauftragte des Bundes Umwelt und Naturschutz in Deutschland, Herr Prof. Dr. Weiger wörtlich:

"Als Naturschützer kann ich Ihnen nur sagen, daß wir nicht in der Lage sind, auch nur ansatzweise die Komplexität des Naturhaushaltes zu erfassen." (2)

Dies sei in wenigen Sätzen vertieft begründet.

Landschaftsgestaltung bezieht sich eindeutig nur auf die vom Menschen geprägte Beschaffenheit des Landes; d. h. auf die Kultur-Landschaft, denn die oft als Maßstab herangezogene "Naturlandschaft" muß nicht gestaltet werden.

Für eine Kulturlandschaft mit all ihren Wirkungen und Wechselwirkungen gibt es aber keinen allgemein anerkannten Maßstab. Nicht einmal die Probleme des Messens sind gelöst. Das beginnt bei Problemen der Datendefinition, der Datenüberlappung, der Datenordnung bzw. Datengewichtung und reicht bis zu Problemen der Voraussagbarkeit, der Trendbestimmung, der Verknüpfbarkeit, der Abfolge von Zwischenentscheidungen, der Festlegung der Grenzen der Datenwirkung, der Bedeutung des Unbekannten/noch nicht Erforschten bzw. der Bedeutung des Gewollten. Beispielsweise wissen wir fast nie genau, wieviele Einflussgrößen bei der Landschaftsgestaltung wirklich beachtet werden müssen. (3)

Es gibt also viele Fehlerquellen!

In eine Kulturlandschaft ist auch der Mensch als willensbegabtes Wesen einzubeziehen! Eine Minderung dieses Einflusses/dieser "Fehlerquelle Mensch" ist nur durch Einschränkung des menschlichen Willens möglich. In einer Kulturlandschaft sind somit nicht nur der Mensch als biologisches Wesen (mit allen seinen arterhaltenden Wirkungen) sondern auch ein gewisser Anteil kultureller Aktivitäten (religiöser, künstlerischer, kommunikativer u. ä. Art; und damit verbunden auch gewollte Veränderungen/Eingriffe) zu gestatten, damit der Mensch menschenwürdig leben kann.

Wenn wir aber nun schon über die eine biologische Art Mensch - von der wir annehmen, schon viel zu wissen - so wenig aussagen können; - um wieviel weniger können wir etwa aussagen über die nach Angaben des Umweltbundesamtes ca. 2700 in Deutschland (oder weltweit ca. 370 000) vorkommenden Pflanzenarten und die in Deutschland ca. 45 000 bzw. weltweit ca. 1,1 Mio. Tierarten?

Zieht man andere Quellen zu Rate. z. B. den Fischer-Weltalmanach 2001, so liegt die mittlere Schätzung der Anzahl lebender Arten bei 13,6 Mio. Davon seien lediglich 1,7 Mio., d. h. nur jede achte Art erst beschrieben. Andere Quellen nennen noch größere Artenzahlen.

Wenn nun einerseits z. B. eine sog. Umweltverträglichkeitsprüfung (gemäß §2 des entsprechenden Gesetzes) die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf Menschen mit seinen Kultur- und sonstigen Sachgütern, Tieren und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft "einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen" umfaßt

und wenn andererseits bekannt ist, dass auch ein hypothetischer, mit Lichtgeschwindigkeit arbeitender Supercomputer schon bei weniger als 100 Einflussgrößen nur zur Auflistung aller möglichen Wechselwirkungen viele Jahre benötigt würden, dann ist zusammenfassend festzustellen, daß die gesamte Gesetzgebung für Umwelt, Planung und Naturschutz nicht auf Wissen, sondern weit überwiegend auf Nicht-Wissen beruht!


(2) s. Marquardt, K., Nachwort, in: Bericht der Erlanger Medientage 1995, Heft: Medien und Umweltorganisationen in Europa



(3) Arbeitsgemeinschaft der Grundbesitzerverbände (Hrsg.), Stellungnahme zu den Grundsätzen für die Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen in der Bauleitplanung, April 1999, in: http://www.iwoe.de/Welcomeseite.html, "Planungsgrundlagen", "Eingriffsregelung", ..."kritische Stellungnahme" ...


 

 

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